ANGELIQUE KERBER GANZ PRIVAT

Der 14. Juli. Seit 2018 ein ganz besonderer Tag im Leben von Angelique Kerber. Einer, der mit tiefgreifenden Emotionen behaftet ist. Und mit der wunderbaren Erinnerung, sich an jenem sonnigen Samstagnachmittag im Londoner Südwesten nicht weniger als den „Traum aller Träume“ erfüllt zu haben. Wimbledonsiegerin! Das ist man für immer! Sportliche Unsterblichkeit – noch so ein Begriff, der im Zusammenhang mit den ewigen Champions von der Church Road immer wieder fällt.

Kerber und der Rasen. Was für ein Happy End im Finale der Championships 2018 gegen Serena Williams. Wobei – diese Geschichte ist längst noch nicht auserzählt. Kerber und der Rasen. Die Storyline geht weiter, weil diese Beziehung eine spezielle, vielschichtige, langlebige ist.

In diesen Tagen sollte die 32-Jährige als Turnierbotschafterin bei den Bad Homburg Open aufschlagen. Doch die Premiere des WTA-Neulings auf den Rasenplätzen im historischen Kurpark musste wegen der Covid-19-Pandemie um ein Jahr (20. bis 26. Juni 2021) verschoben werden. „Die Bad Homburg Open werden bei meiner Planung für die nächste Saison eine große Rolle spielen“, betont Kerber, die nach ihrer aktiven Karriere als Turnierdirektorin dieses Events fungieren wird.

Die Stadt, die Anlage, das Umfeld – für die dreimalige Grand-Slam-Gewinnerin eine ideale Mischung: „Tradition, Eleganz, Stil, das passt alles zusammen.“ Ende vergangenen Jahres nahm sie bereits an einem Workshop des gesamten Organisationsteams teil. Doch die Funktionärsrolle ist Zukunftsmusik. Für sie selbst zählt erst einmal die „Spielerin Kerber“, die zuletzt – wie so viele andere – ungewöhnliche Monate erlebte.

Die Zwangspause in der Coronakrise hat „Angie“ vor allen Dingen genutzt, um nach vielen Jahren im Hamsterrad Profitour komplett zur Ruhe zu kommen. Zu entschleunigen. „Ohne den Zeitdruck bin ich gelassener geworden.“ Woran sie das merkt? „Wenn ich mit Freunden telefoniere, höre ich geduldiger und vor allem intensiver zu.“ Sie selbst erzählt auch ein bisschen mehr. Selbstreflexion war auch so ein Punkt in dieser herausfordernden Phase: „Man weiß jetzt tatsächlich“, sagt Kerber, „was einem fehlt, wieviel es einem fehlt – und wer einem fehlt.“

Ein neues Fahrrad hat sie sich gekauft, um in der Natur unterwegs zu sein (“Man nimmt viele Dinge in der Umgebung plötzlich anders wahr“). Der Kleiderschrank wurde aufgeräumt, das stand schon lange auf der To-do-Liste. Dabei kamen alte Tennis-Outfits aus Wimbledon, von den Australian Open und sogar den Olympischen Spielen zum Vorschein. „Schöne Erinnerungen“. Jede einzelne verbunden mit Bildern, Emotionen. Kopfkino.

Und Kerber, erste deutsche Wimbledonsiegerin seit Steffi Graf (1996), erweiterte während des Lockdowns ihr Koch-Repertoire. Von Italienisch bis Thailändisch war alles dabei. Als wichtigste Erkenntnis aber will sie aus den vergangenen Monaten Folgendes mitnehmen: „Im Hier und Jetzt leben. Und nicht schon an den nächsten Termin denken.“ Es ist so etwas wie eine Botschaft.

Seit einigen Wochen trainiert Kerber in ihrer Academy im polnischen Puszczykowo. „Fitness, Tennis, eigentlich eine normale Vorbereitung“, berichtete sie in ihrem Podcast „Lunchbreak mit Angie Kerber“. Wegen der  Auszeit liege „harte Arbeit“ vor ihr. Aber: „Ich habe jetzt wirklich lange genug pausiert.“ Die Saison ist noch nicht zu Ende. Doch am Horizont erscheinen bereits verlockende Dinge: Wimbledon 2021, Bad Homburg Open 2021 – Kerber und der Rasen eben.

 

Foto: AELT/ Florian Eisele